Chiefs sind NFL-Champions: Der Moment, in dem Taylor Swift den Super Bowl gewann (2024)

Die Wende: Zu Beginn des Super Bowl LVIII lief bei den Kansas City Chiefs so gut wie nichts zusammen. Quarterback Patrick Mahomes brachte kaum einen Pass zum Mitspieler. Und Travis Kelce, bessere Hälfte von gleich zwei Superstars (Mahomes und Taylor Swift), war nur ein einziges Mal am Ball. Viermal mussten die Chiefs ihr Angriffsrecht sehr schnell wieder abgeben und hatten Glück, dass die San Francisco 49ers offensiv auch wenig zustande brachten. Immerhin erzielten die Niners im zweiten Viertel ein Field Goal und gingen 3:0 in Führung. Aus Sicht der Chiefs musste etwas passieren. Irgendetwas, das ihrem bis dahin leblosen Spiel ein bisschen Inspiration verleihen sollte. Sie brauchten so etwas wie ein göttliches Zeichen. Und so schauten sie hinauf, doch statt des Himmels sahen sie nur die überdimensionierten Videoleinwände im Allegiant Stadium. Und darauf den dringend benötigten Weckruf: Kelces Freundin Taylor Swift trank ihr Glas – offenbar war es ein Bier – auf ex. Von dem Moment an waren die Chiefs im Spiel, erzielten noch vor der Pause ihre ersten Punkte, gingen in der zweiten Hälfte sogar in Führung und gewannen schließlich in der Verlängerung. Was das mit Taylor Swift und dem Bier zu tun hat? Natürlich nichts.

Swifties: Der irrsinnige Hype um Taylor Swift nahm schon vor der Partie ungesunde Ausmaße an. Fans fragten sich, ob der Pop-Superstar es überhaupt rechtzeitig nach Las Vegas schaffen würde. Sie schaffte es, wurde in ihrer Loge praktisch durchgehend fotografiert und gefilmt. Sowohl Swift als auch die NFL profitieren von dem Wahnsinn. Die Sängerin begeistert auch Football-Fans, und der Sport hat es geschafft, eine jüngere weibliche Zielgruppe zu erschließen. Win-win. Aber eins wollen wir bei all dem Trubel nicht unterschlagen: Football gespielt wurde auch noch. Die Kansas City Chiefs gewannen 25:22 (3:10, 19:19) nach Verlängerung gegen die San Francisco 49ers. Hier geht es zum Spielbericht.

Erste Hälfte: Lange dominierten die starken Verteidiger beider Teams das Geschehen. Immer wieder waren die Kicker gefordert, den Ball in die gegnerische Hälfte zu punten. Zudem leisteten sich beide Teams in aussichtsreicher Position je einen unnötigen Ballverlust. Die erste wirklich gute Angriffsserie des Spiels schlossen die 49ers kurz vor der Halbzeit mit einem sehenswerten Trickspielzug ab: Deren junger Quarterback Brock Purdy warf den Ball diagonal nach links hinten zu Jauan Jennings, eigentlich ein klassischer Passempfänger. Doch anstatt sich das Ei unter den Arm zu klemmen und damit loszulaufen, warf Jennings den Ball einfach zurück nach rechts, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Die Abwehr der Chiefs war verwirrt. Runningback Christian McCaffrey fing den Ball und konnte ohne größere Gegenwehr in die Endzone laufen. Zwei Pässe, ein Touchdown – der bis zur Pause einzige im Spiel. Die 49ers führten zur Halbzeit in einer Partie, in der beide Teams nicht viel zuließen.

Verhängnis Seitenlinie: Der Super Bowl ist das magische Ziel im American Football, der Endgegner. Das Finale der besten Liga der Welt, vor einem Milliardenpublikum. Die Chance gilt es zu nutzen, es könnte die einzige sein. Dre Greenlaw, Linebacker der 49ers, stand bereits 2020 im Super Bowl – und verlor gegen die Kansas City Chiefs. Umso motivierter schienen er und seine Teamkollegen diesmal. In der ersten Hälfte brannte er nur so darauf, das Spielfeld zu betreten. Er hüpfte an der Seitenlinie mehrmals auf und ab, setzte dann zum Sprint an. Plötzlich stürzte Greenlaw zu Boden, hielt sich sein linkes Bein, später wurde er in die Katakomben gefahren – mit Verdacht auf einen Achillessehnenriss. In den USA gibt es ein Wort für derartige Unfälle: Freak Injuries. Zudem im Super Bowl. Mit diesem Ausgang. Greenlaw ist einer der tragischen Helden der Nacht.

Yeah, yeah: Ganz in Weiß war Usher zu Beginn seiner Halbzeitshow gekleidet. Als wollte er eine Friedensbotschaft senden an die vielen Menschen, die im Vorfeld die Entscheidung kritisiert hatten, dass ausgerechnet ihm diese große Bühne geboten wird. Viele sahen in Usher eine Ausweichlösung, weil es sich die Musikelite mit Taylor Swift, Jay-Z und Beyoncé oder auch Justin Bieber lieber in ihren Logen gemütlich machte. Doch Usher griff tief in die Trickkiste respektive in sein Telefonbuch und brachte mit Alicia Keys, Jermaine Dupri, H.E.R., Will.i.am, Lil John und Ludacris eine ganze Bagage voller Stars mit. Vor allem Alicia Keys im roten Glitzer-Spitzen-Outfit am roten Flügel mit anschließender Tanzeinlage sorgte für einen dieser Wow-Effekte, die eine Super-Bowl-Halbzeitshow braucht. Usher selbst blieb eher blass – einer vermeintlichen Starlight-Express-Reminiszenz zum Trotz. Auf Rollschuhen drehte er im blauen Glitzerfummel seine Runden. Ein Hauch von Bochum in Las Vegas.

Zweite Hälfte: Die Chiefs bekamen nach der Pause den Ball – und irgendwie rechneten wohl alle Zuschauer mit dem sofortigen Start des Mahomes-Comebacks. Stattdessen warf der Quarterback eine Interception und schenkte das Angriffsrecht so sofort wieder her. Zu seinem Glück konnte sich der Spielmacher weiterhin auf seine Verteidigung verlassen, die Purdy und die 49ers immer wieder vom Feld zwang und Mahomes so genug Zeit gab, doch noch ins Spiel zu finden. Kurz vor Ende des dritten Viertels erzielten die Chiefs ihren ersten Touchdown und gingen erstmals in Führung. Die mussten sie im vierten Viertel zwar wieder abgeben, hatten dabei aber Glück, dass ein Extrapunktversuch von 49ers-Kicker Jake Moody geblockt wurde. So reichte ein Field Goal zum Ausgleich. Je ein weiteres Field Goal auf beiden Seiten später ging es in die Verlängerung.

Verlängerung: Die 49ers bekamen den Ball und schlossen ihren Angriff mit einem Field Goal ab. Nicht schlecht, aber am Ende nicht genug. Denn die Chiefs marschierten übers Feld und standen kurz vor der Endzone, als die Zeit abzulaufen drohte. Was machte Mahomes denn da? Will der denn keine Auszeit nehmen? Die Chiefs hatten noch zwei Timeouts, warum nur ließen sie die Uhr weiterlaufen? Waren Sie einfach am Ende des längsten Super Bowl der Geschichte einfach zu müde, um zu realisieren, was passierte? Nein, Chiefs-Coach Andy Reid und allen voran Mahomes wussten genau, was sie taten – weil sie die (neue) Overtime-Regel der NFL verinnerlicht haben. Selbst wenn die Zeit abgelaufen wäre, hätten sie das Spiel damit nicht verloren. Jedes Team die Chance haben, jeweils eine Angriffsserie abzuschließen – unabhängig von der Uhr. Das Spiel wäre also einfach in eine zweite Verlängerung gegangen, wenn die Chiefs keinen Spielzug mehr durchgeführt hätten. Haben sie aber. Und dabei erwischten sie die so stabile 49ers-Defensive in einem Moment der Unachtsamkeit. Mit drei Sekunden Restspielzeit fand Mahomes seinen Passempfänger Mecole Hardman, der unbedrängt in die Endzone spazierte. Touchdown, Abpfiff, Super Bowl Champion. Weil Reid nicht nervös wurde – und dem Arm seines Goldjungen vertraute.

Keine Purdy-Party: Möglich, dass er es kommen sah. Wie so vieles an diesem Abend. Brock Purdy ist der letztgezogene Spieler aus dem Draft des Jahres 2022, ein absoluter Underdog, der es als Quarterback bis in die Verlängerung des Super Bowl schaffte. Purdy machte ein starkes Spiel, leistete sich keine Fehler, fand auch unter größtem Druck seine Mitspieler. Als Patrick Mahomes in der Verlängerung zum Siegesspielzug ansetzte, fingen die Kameras für einen Moment Purdy an der Seitenlinie ein. Gezeichnet von mehr als 70 Spielminuten unter größtem Stress warf er ein paar Bälle, um sich warmzuhalten. Vielleicht, so war die Hoffnung, bekomme er ja noch eine Chance. Er bekam sie nicht. Am Ende dieses Super Bowl spricht man nicht von dem Babyface, das es von ganz hinten bis nach ganz vorn schaffte. Man spricht von der Dynastie seines Rivalen: Patrick Mahomes. Aber diese Wortkombination, der Rivale von Patrick Mahomes zu sein, sagt in diesen Zeiten vielleicht schon alles.